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Sächsische Zeitung vom 23.11.2016:

Ein Rochen ist am Stausee neben der Ocean Beach Bar gestrandet. Braun glänzt seine Oberhaut, silbern der Rand des Körpers. Rechts und links zeichnen sich breite Spuren im Sand ab. Zeugnisse einer aufwendigen Verschiebeaktion der rochen- oder wahlweise blattähnlichen Plattform des neuen Bautzener Bootsstegs, die am Dienstag in die endgültige Position gebracht wurde. Für die Monteure der Werft Kiebitzberg aus dem sachsen-anhaltinischen Havelberg war es solch eine Herausforderung, dass der Betriebsleiter der Schiffs- und Stegbauabteilung, René Staar, persönlich in die Oberlausitz fuhr.

Es fehlte das Wasser. Wegen Wartungen am Staudamm war der Wasserspiegel gesenkt worden und kommt nur langsam wieder auf die gewohnte Höhe. „Normalerweise stehen wir in der Wathose im Wasser oder arbeiten vom Boot aus“, erklärt Staar. Die Plattformen für Steganlagen werden dann üblicherweise an einer geeigneten Stelle vom Ufer ins Wasser gelassen und dann zur angedachten Stelle eingeschwommen. „Hier hatten wir keine normalen Gegebenheiten“, so der 37-Jährige.

Ungewohntes Arbeitsumfeld

Das hatte auch Vorteile: In den vergangenen zwei Wochen konnten fünf Monteure von Kiebitzberg den 45 Meter langen festen Steg trockenen Fußes auf die von der Firma Steinle Bau in den Sand gerammten Pfähle setzen. Die Geländer wurden befestigt, das Tor zwischen Feststeg und der beweglichen Brücke, die wie eine Gangway zur Schwimmplattform führt, eingesetzt. Am Donnerstag kam der wohl schönste Teil der Stegkonstruktion am Stausee an – die schwimmende Plattform. Auf Wunsch der Stadtverwaltung sollte ihr Umriss einem Lindenblatt nachempfunden werden, in Anlehnung an das Wappen der Sorben. „Wir haben das erste Mal eine derartige Plattform entwickelt“, sagt Staar.

Das will was heißen, denn die Arbeiter der Havelberger Schiffswerft haben in zahlreichen Häfen Deutschlands – von der Ostsee bis zum Bodensee – Anlegestellen gebaut. Es mache 70 Prozent ihrer Aufträge aus, berichtet Staar. So sind gerade erst für die Landesgartenschau 2017 im thüringischen Apolda drei Brücken und mehrere Bootsstege errichtet worden. Außerdem fertigt die Werft Schiffe, wie zum Beispiel Yachten, Hausboote oder Flöße. „Ebenfalls schwimmende Körper, aber mit deutlich mehr Technik“, wie der Schiffsbauleiter locker den Unterschied zum Schwimm-Plateau des Bautzener Stegs formuliert.

Schwertransport durch die Nacht

Ein Schwertransporter hatte die beiden vormontierten Plateau-Hälften unter polizeilicher Begleitung eine lange Nacht von Havelberg bis nach Bautzen gefahren. „Eine Hälfte von der Plattform ist 4,7 Meter breit und zwei Tonnen schwer“, erklärt Stefan Kubat, der die Montage vor Ort dirigierte. Mit einem wuchtigen Kettenbagger mussten die Blatthälften vom Transporter abgeladen, dann an den See transportiert und dort exakt an die bewegliche Brücke des festen Stegs platziert werden. Die Operation gelang und seit Dienstag ist Bautzens Bootssteg komplett.

Im Moment liegt das Plateau auf dem Trockenen. Wenn der Stausee wieder seinen gewohnten Pegel hat, wird die Plattform zwischen vier Dalben – so nennt man die Pfähle, die üblicherweise im Wasser stehen – je nach Wasserstand hochsteigen oder absinken. Rund fünf Prozent werde laut Kubat im Normalfall die Neigung auf der Brücke betragen, die den festen mit dem schwimmenden Teil verbindet. Damit eignet sich der Steg auch für Rollstuhlfahrer. Für sie wurden auf festen Bereich extra Ruhepodeste eingebaut. Heißt, der Steg verläuft nicht über die ganzen 45 Meter leicht abschüssig, sondern wird durch ebene Stellen unterbrochen. Die gesamte Anlage sei korrosionsbeständig und müsse kaum gewartet werden, erklärt Kubat. Die Bretter bestehen aus einem Gemisch von Holzspänen und recyceltem Kunststoff, weshalb sie nicht vermodern wie normales Holz, wenn es nass wird.

Eine Kanustufe schafft Komfort

Komfort gibt es auch für die Bootsfahrer, die an vier Stellen an der Plattform anlegen können sowie auch an den Dalben. Kubat zeigt auf den schmalen Absatz, der sich um das Plateau zieht. „Das ist eine Kanustufe. Sie erleichtert das Aussteigen.“ Ebenfalls hilfreich werden zwei Leitern sein, die von der Plattform ins Wasser ragen sollen. Wegen aktueller Ebbe sind sie noch eingelagert. Der Steg ist nicht für Fahrgastschiffe geeignet, sondern für Sport- und Freizeitboote gedacht, betonen die Konstrukteure aus der Werft Kiebitzberg. „Maximal zwei Tonnen schwer dürfen die Boote sein und maximal acht Meter lang“, steckt Kubat den Rahmen des Möglichen ab.

Am 6. Dezember soll der Bootssteg, in den die Stadt rund eine viertel Million Euro investiert hat, offiziell eröffnet werden. Bis dahin sollte genug Wasser da sein, um die Plattform auf dem Stausee erstmals zum Schwimmen zu bringen.